Die Sprung­schanze Einsiedeln

Eine natio­na­les Trai­nings­zen­trum für Skispringer
In Ein­sie­deln im Kan­ton Schwyz übte man sich bereits seit dem Jahr 1912 im Ski­sprin­gen – damals noch auf dem Fry­her­ren­berg. Auch einen Trai­nings­stütz­punkt für Spe­zi­al­sprin­ger und Kom­bi­nie­rer behei­ma­tete der Ort schon seit 1980. Daher war die Idee, eine grosse Schan­zen­an­lage zu bauen, schnell gebo­ren. Ein Pro­jekt die­ses For­mats ver­langt jedoch eine inten­sive Vor­be­rei­tung. Denn sie bedeu­tet einen star­ken Ein­griff in Natur und Land­schaft. Die neu geplante «Natio­nale Ski­sprung­an­lage Eschbach Ein­sie­deln» sollte vier Schan­zen­ti­sche mit 25 m, 45 m, 70 m und 105 m Anlauf erhal­ten. Eine Schan­zen­kom­mis­sion prüfte die Bedin­gun­gen für den Bau einer sol­chen Anlage. Ein lan­ger Weg mit vie­len Hin­der­nis­sen, der über zahl­rei­che Stu­dien und Vari­an­ten führte. Ein Umwelt­ver­träg­lich­keits­be­richt unter­suchte die Vor­aus­set­zun­gen für die scho­nende Ein­bet­tung in die Land­schaft. Auch die Gestal­tung der Anlage fand grosse Beach­tung, ist doch ein gros­ses Pro­jekt wie die­ses ein weit­hin sicht­ba­res Mar­ken­zei­chen für eine Region. 2002 schliess­lich kürte man das heute rea­li­sierte Pro­jekt im Rah­men eines Wett­be­werbs. Die Anfor­de­run­gen dafür defi­nierte der inter­na­tio­nale Ski-Ver­band FIS. Die Vor­ga­ben schlos­sen die Geo­me­trie ein, das Pro­fil von Schan­zen­an­lauf und Auf­sprung und auch die Plat­zie­rung und Aus­füh­rung der erfor­der­li­chen Bau­ten und Sicherheitseinrichtungen.

Kon­zep­tio­nell kön­nen die drei hohen Schan­zen als eine Serie von Gross­for­men betrach­tet wer­den, die auf den gewach­se­nen Hügel gestellt sind. Kom­ple­men­tär dazu sind die band­ar­ti­gen Lan­de­pis­ten gekrümmte Flä­chen, die aus der gewach­se­nen Land­schaft her­aus­mo­del­liert und auf­ge­wölbt sind, um eine neue künst­li­che Land­schafts­ober­flä­che zu bilden. 

Hen­auer Gug­ler AGPro­jekt­ver­fas­ser der Sprung­schanze Einsiedeln

Die Vor­be­rei­tung des Geländes
Um die für die Sprung­schan­zen not­wen­dige Gelän­de­form zu schaf­fen, waren grosse Erd­be­we­gun­gen not­wen­dig. Zunächst ent­warf man den Schan­zen­hü­gel als digi­ta­les Gelän­de­mo­dell. So konnte man jede Soll- und Ist-Lage wäh­rend der Rea­li­sie­rung per GPS über­prü­fen. Die Hügel­kuppe und der steile Abhang bestehen aus Schich­ten der unte­ren Süss­was­ser­mo­lasse. Durch die Schan­zen­geo­me­trie ent­steht zwi­schen der 70 m Schanze, die heu­ti­gen «Grosse KPT-Schanze» und der 105 m Schanze, der heu­ti­gen «Andreas Küt­tel-Schanze» ein gros­ser Niveau­un­ter­schied. Eine freie Böschung konnte man in die­sem Bereich nicht aus­füh­ren, da beim Ein­schnitt die Gleit­schich­ten der Molasse unter­schnit­ten wor­den wären. Dies hätte ein Abglei­ten der dar­über lie­gen­den Bau­grund­schich­ten zur Folge gehabt. Des­halb sta­bi­li­sierte man den Hang mit einer bis zu 7 m hohen Wand mit 12 per­ma­nent vor­ge­spann­ten Boden­an­kern – eine Mass­nahme, die in vie­ler Hin­sicht Mut ver­langte. Eine eigens erstellte Bau­strasse erschloss die Bau­stelle. Per Schwer­last­hub­schrau­ber instal­lierte man zwei grosse Turm­dreh­kräne, um die Bau­stel­len zu bedienen.

Die Sta­tik der Anlage
Die sta­ti­schen Berech­nun­gen erstellte Hen­auer Gug­ler mit­tels eines Stab­sta­tik-Pro­gramms unter Berück­sich­ti­gung der Vor­span­nung. Die Berech­nung zwei­ter Ord­nung zeigte dabei eine nur geringe Erhö­hung der Schnitt­kräfte. Eigen­ge­wicht, stän­dige Auf­las­ten, gepress­ter Schnee für die Anlauf­spur, Nutz­las­ten und Wind – all dies wirkt auf die Schanze ein. Die Vor­span­nung und eine Über­hö­hung der Scha­lung gli­chen die dar­aus ent­ste­hen­den rech­ne­ri­schen Durch­bie­gung von 180 mm aus. Die Vor­span­nung wählte man so, dass man die zuläs­si­gen Beton­zug­span­nun­gen im Gebrauchs­zu­stand nicht über­schritt. Vor­ge­spannt wur­den die Spann­ka­bel in drei Etap­pen, sodass zwei Wochen nach dem Beto­nie­ren der letz­ten Etappe 80 % der end­gül­ti­gen Vor­spann­kraft auf­ge­bracht war und das Lehr­ge­rüst abge­senkt wer­den konnte.

Anlauf und Landung
Die Anlauf­bahn der gros­sen Schanze liegt auf einem vor­ge­spann­ten Plat­ten­bal­ken mit einer Spann­weite von 69 m. Zu Des­sen Beto­nage erfor­derte ein Lehr­ge­rüst. Zusätz­lich zu den Abstüt­zun­gen am Turm und bei der unte­ren Auf­lage waren fünf Gerüst­türme für die Last­ab­tra­gung vor­ge­se­hen. Dadurch betrug die grösste Spann­weite im Bau­zu­stand 18 m. Wegen der gros­sen Nei­gung von 35° musste man der Abtra­gung der hori­zon­ta­len Kräfte spe­zi­elle Beach­tung schen­ken. Auch die Bau­ar­bei­ten gestal­te­ten sich infolge des star­ken Gefäl­les teils schwie­rig. Der im Grund­riss qua­dra­ti­sche Turm ragt rund 44 m aus dem Ter­rain und ist auf dem Molas­se­fels fun­diert. Im Turm ist ein Lift und eine Treppe ange­ord­net. Um die Bau­zeit zu ver­rin­gern und die Arbeits­si­cher­heit zu erhö­hen, wur­den vor­fa­bri­zierte Ele­mente eingesetzt.
Im obe­ren Bereich der Schan­zen K‑70 und K‑105 lie­gen die Lan­de­flä­chen bis zu 15 m über Ter­rain auf einer Stahl-Holz-Kon­struk­tion. Die Stüt­zen aus Recht­eck­pro­fi­len wir­ken zusam­men mit dem Joch als Rah­men. So ist die seit­li­che Sta­bi­li­tät gewähr­leis­tet. In Längs­rich­tung sind Brett­schicht­holz­trä­ger ange­ord­net. Daran sind eine Holz­scha­lung und die Kunst­stoff­mat­ten für den Som­mer­be­trieb befes­tigt. Die Stüt­zen ste­hen auf vor­fa­bri­zier­ten Ein­zel­fun­da­men­ten. Im unte­ren Bereich liegt die Lan­de­flä­che eben­erdig auf einer Stahlfaser-Betonplatte.

Das wich­tigste Trai­nings­zen­trum der Schweiz
Heute sind die vier Schan­zen regel­mäs­sige Aus­tra­gungs­orte des FIS Som­mer Grand Prix. Im Juni 2021 erneute man die Anlauf­spu­ren der Schanzen.

Über­sichts­plan.
Längs­schnitt.
Längs­schnitt und Details des Aufsprungdecks.
Trai­ner­po­dest.
Wider­la­ger, Anker­wand bei Aufsprungdeck.